ein traditioneller Ostermontagsbrauch seit 1738
Der remlingeR Eierlauf
Wie alles begann….
Die Entstehungsgeschichte
Im 18. und 19. Jahrhundert war es für jeden Bauern und Geschäftsmann Pflicht den zehnten Teil des produzierten Hab und Gutes dem örtlich regierenden Grafen oder Fürsten zu übergeben.
In Remlingen (Unterfranken, Landkreis Würzburg) wurden diese Gaben auf dem Centberg (zehnter Teil, daher cent) abgeliefert. Unter all den abzugebenden Gütern waren natürlich auch eine ganze Menge Eier.
Im Jahre 1738 regierten in Remlingen die zwei Grafschaften Castell-Remlingen und Löwenstein-Wertheim. Gräfin Dorothea Renata von Castell-Remlingen (1669-1743) verzichtete im Jahre 1738 auf die „Hubeier“. Ihre Forderung war jedoch, jährlich an Ostermontag ein Volksfest zu feiern, bei dem die erlassenen Eier der Dorfjugend übergeben wurden.
Aus diesem Anlass entwickelten die Burschen einen Wettkampf aus den geschenkten Eiern. Regeln waren dabei, neben dem jährlichem Stattfinden: Nur junge, unverheiratete, unbescholtene (ohne Vorstrafen) Burschen durften an diesem Wettkampf teilnehmen. Den Wettkampf selbst nannten die Veranstalter aus dem Dorf schlicht und einfach „Eierlauf“.
Bis heute wurde der Eierlauf, außer in den Jahren der beiden Weltkriege, nicht unterbrochen und natürlich nehmen auch heute noch nur junge, unverheiratete, unbescholtene Burschen am Remlinger Eierlauf teil.
Früh am Ostermontag treffen sich alle Burschen im Ort, um von jedem Haushalt in Remlingen, bei Würzburg, Eier einzusammeln. Dabei wird meist der Hase (= Bursche der zum ersten Mal am Eierlauf teilnimmt) an die jeweilige Haustüre gerufen um mit der Frage: „Hat der Has´ scho´ gelecht?“ die bereitgelegten Eier abzuholen.
Gegen 14.30 Uhr stellen sich alle Burschen am Marktplatz in zwei Reihen auf, um ein vom Eierlaufbürgermeister (= Organisator) ausgeteiltes Los zu erhalten. Mit diesem werden die späteren „Läufer“ und „Sammler“ ermittelt. Anschließend ziehen die Burschen mit Marschmusik (Fehrbelliner Reitermarsch) und lauten „Eierlaufschreien“ zum Zentberg auf den Festplatz. Dort findet der eigentliche Wettkampf statt: Zunächst werden vom Organisationsgremium 75 Eier im Abstand von 2 Fuß (ca. 62 Zentimeter) auf einer Linie ausgelegt. Diese Eier muss der Sammler, angefangen beim am weitest Entferntesten, schnellstmöglich und jeweils einzeln aufheben und in einen Korb werfen, der am anderen Ende der Eierlinie steht. Der Läufer muß zur selben Zeit zum 2130 Meter entfernten „Remlinger Eierlaufstein“ rennen, ein Ei dagegen werfen, und die gesamte Strecke wieder zurücklaufen.
Wer von den beiden Wettkämpfern, seine Aufgabe zu erst erledigt hat, ist Sieger des Remlinger Eierlaufs und hat den restlichen Tag „zechfrei“. Am Abend findet noch eine Tanzveranstaltung statt, an der die Wettkämpfer jeweils einen Ehrentanz mit ihrer Angebetenen absolvieren dürfen.
WIE ES HEUTZUTAGE ABLÄUFT
Der Eierlauf im Wandel – Vergleich zwischen Früher und Heute
Nachdem der Eierlauf bereits seit über 250 Jahren durchgeführt wird hat sich auch vieles verändert. Hier seht Ihr eine kurze Übersicht mit einem Vergleich von Früher und Heute.
Früher… | Heute… |
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…gingen alle Burschen vor Sammelbeginn in die Kirche | …werden vor Sammelbeginn die letzten Vorbereitungen getroffen |
…nahmen alle unverheirateten, unbescholtenen Burschen aus dem Dorf teil | …nehmen am Eierlauf etwa 2/3 der teilnahmeberechtigten Burschen teil |
…wurde direkt nach dem Wettkampf getanzt, anschließend gingen die Gäste in die jeweilige Festwirtschaft | …findet der Tanz am Abend (18:00 Uhr) statt. |
…gab es beim Sammeln nur Eier, in seltenen Fällen (z.B. beim Lehrer oder Pfarrer) auch Geld | …gibt es beim Sammeln Geld, Eier, Getränke oder eine Brotzeit |
…sammelten die Burschen gemeinsam die Eier im Dorf ein | …sind die Burschen in vier Viertel eingeteilt, in denen sie die Eier einsammeln |
…war der Eierlauf ein Fest, das viele weit gereiste Gäste erfreute. Ein Grund dafür war sicherlich die am Ostermontag endende Fastenzeit. | … ist der Eierlauf glücklicherweise immer noch ein Fest, das viele weit gereiste Gäste erfreut! |
Die traditionelle Eierlaufsrute
2-3 Wochen vor dem Eierlauf fahren die Eierlaufsburschen in den Wald, um frische Birkenruten zu „fällen“. Die Wahl des Ruten- Materials fiel damals wahrscheinlich deshalb auf die Birke, da diese reichlich vorhanden war und gleichzeitig schnell Nachwuchs.
Beim Auswählen der richtigen Rute, ist vor allem auf einen geraden Wuchs ohne Astgabelungen zu achten, auf das Vorhandensein von genügend Einzelästchen, sowie auf eine „Manns“-Höhe (1.80 – 2.00 Meter). Zu Hause wird die junge Birke dann nach alter Tradition geflochten.
Dabei werden zunächst die einzelnen Ästchen an den Zweigen immer abwechselnd einmal im und einmal gegen den Uhrzeigersinn um den Zweig gebunden. Zur Stabilität werden an den Enden dann Wäscheklammern befestigt.
Sind alle Zweige fertig geflochten, wendelt man im gleichen Stil von unten nach oben dieselbigen um den jungen Birkenstamm. Dabei werden die Wäscheklammern entfernt. Wurde die Rute richtig geflochten, muss man sie nur an einer Stelle, nämlich ganz oben mit einer Schnur zusammenbinden. Anschließend wird die Rute an eine warme, gut mit Tageslicht versorgte Stelle in einem Wassereimer gelagert. Bis zum Eierlauf sprießen aus den Knospen kleine grüne Blättchen hervor – fertig ist die Original Remlinger Eierlaufsrute.
Sollten in der Karwoche noch keine Blättchen an der Eierlaufsrute zu finden sein, so empfehlen die Eierlaufsburschen eine Aspirin in das Wasser zu geben.
Am Eierlauf selbst schmücken die Eierlaufsburschen ihre Ruten dann noch mit bunten Bändern.
Der Eierlaufsstein
In früheren Jahren stand an Stelle des Eierlaufsteines – eine Stelle zwischen Remlingen (Lkr. Würzburg) und Birkenfeld – ein Bildstock und ein Baum. Dieser wurde als Anschlagpunkt für das Ei des Läufers genutzt. Erst im Jahr 1984 wurde der Eierlaufstein in seiner heutigen Form an die Stelle des Bildstockes gebracht. Schöpfer des Eierlaufsteines ist Hans Fünkner.
Die Remlinger „Eiermaß“
Nach dem Wettkampf kann man neben einer „normalen“ Maß Bier auch eine Eiermaß bestellen, die zubereitet wird, indem man eine gewünschte Anzahl an Eiern in eine Maß Bier schlägt und das Ganze mit einer Eierlaufsrute verrührt.
Die Remlinger Eierlaufsviertel
Lange Jahre sammelten alle (damals 60 bis 70) Burschen zusammen die Eier im Dorf ein. Mit Zunahme der Einwohner – Remlingen, bei Würzburg, hat inzwischen ca. 1500 Einwohner in ca. 650 Haushalten – und der gleichzeitigen Abnahme der aktiven Eierlaufsburschen, musste das Dorf in verschiedene Viertel eingeteilt werden . Diese Viertel heißen:
- Zentberg-Viertel (sprich: Zamberri) ist alles was auf dem gleichnamigen Berg liegt.
- Köhler-Viertel: Dort lebten die Familien Köhler
- Greußen-Viertel (sprich: Groise) liegt am nähsten zur Nachbargemeinde Greußenheim
- Schwarze-Viertel: Hier lebten überwiegend konservativ denkende Menschen. Das Schwarze Viertel wurde später noch einmal unterteilt. Name: Yankee-Hälfte (sprich: Jängki) Dort lebten viele US-Amerikaner.